Free Eagle Fun Racing Team


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Kann der Besuch eines Toten-Hosen-Konzertes mangelndes Training wettmachen?

Ein Report zum VCM 2002 von Thomas Gössl

 Oder: Stimmt die Theorie, dass man weniger eingeht, wenn man langsamer beginnt? Die Antworten auf diese beiden Fragen ergeben sich aus dem folgenden Bericht.

Am 26. Mai 2002 fand wieder einmal der VCM (Vienna City Marathon) statt. Leider hatte ich schon seit Nov Motivations- und Gesundheitsprobleme (gesamt 6 Wochen Trainingspause), daher war es mir klar, dass der Marathon im besten Fall mit einer schlechten Zeit, im schlechtesten Fall mit einem Desaster enden würde. Schließlich hatte ich in 6 Monaten nur 62 Stunden oder 532 km trainiert, zum Vergleich: 1999: 94 h / 850 km; 2000: 95 h / 878 km; 2001: 109 h / 982 km. Oder um es anders auszudrücken: Vom 1. bis 25. Mai absolvierte ich 4 Laufeinheiten mit immerhin knapp über 66 km.

Die intensive Vorbereitung auf den Marathon begann am 17. Mai mit Charlys und Sonjas standesamtlicher Hochzeit, bei der ich die Ehre hatte, als Trauzeuge aufzutreten. Mit den Bruckner-Buben/Männern das eine oder andere Gläschen zu kippen war wirklich ein Spaß, und so kam es, dass plötzlich im Gästebuch der Gloms-HP (http://home.pages.at/gloms) über den betrunkenen Trauzeugen geredet wurde. Zu Andi Grötzl sagte ich noch, dass ich jetzt endlich eine Ausrede für mein zu erwartendes schlechtes Abschneiden habe. Obwohl es der erste Aussetzer nach fast drei Jahren war, erfing ich mich relativ schnell, ich glaube also nicht, dass mich dieser Abend nachhaltig geschwächt hat.

Am Montag fuhren die Kosmopiloten dann mit dem Rad nach Wien. Da der Präsident (600 Trainingskm) und Krapfi (500 km) dabei waren und Bernhard und ich eine wirklich ruhige Einheit fahren wollten, konnte ich nicht im Traum erwarten, dass es so eine Bolzerei werden würde. Natürlich meist mit Berhnard oder Michi an der Spitze. Die steifen Oberschenkel behielt ich dann bis Donnerstag, wodurch ich beschloss, das Abschlusstraining ausfallen zu lassen.

Am Fr kamen dann endlich wieder einmal die Toten Hosen nach Wien. Michi, Andi, Lupo, Harald und ich konnten uns das natürlich nicht entgehen lassen. Zum Glück – möchte ich fast sagen – war ich durch eine Schulterverletzung leicht gehandicapt, sodass ich mich nicht mitten ins Getümmel stürzen wollte. Wahrscheinlich dadurch blieb mir dann auch der sonst bei Konzerten übliche Muskelkater erspart. Was aber nicht heißt, dass ich am Sa topfit war.

Am Sa standen dann ein zweistündiger Besuch bei der Plattenbörse (10 CDs gekauft) und ein kurzer Abstecher zur Kaiserschmarrnparty ins Haus. Somit war ich dann gesamt wieder fast vier Stunden unterwegs, Zeit, die ich lieber zum Ausruhen verwenden hätte sollen. Erst jetzt begann ich mit den üblichen Marathonvorbereitungen (Laufzeug herrichten, Kleidersackerl packen, Kaiserschmarrn kochen,...). Nach dem Songcontest ging es dann ins Bett. Da ich nicht sonderlich müde war, las ich noch bis halbzwei, dann war endlich Nachtruhe.

Aufstehen um halbsieben, Waschen,..., Anziehen, Essen, Klo, Abmarsch um 8. Der übliche Ablauf vor einem Marathon. Es hatte nur 12 °C und es nieselte leicht, die Vorfreude, die ohnehin nicht besonders groß war, wurde noch kleiner. (Ich hatte die ganze Woche große Motivationsprobleme, weil ich eben nicht viel trainiert hatte. Am Mi hatte ich leichte Halsschmerzen und dachte schon daran, gar nicht zu laufen!) Doch als ich endlich im Startbereich war, hatte der Regen längst wieder aufgehört, die Temperatur war noch die gleiche, aber eigentlich eh erträglich und T-Shirt-tauglich.

Der Startschuss erfolgte pünktlich um 9 Uhr, warum die Läufer nicht weggelaufen sind, ist mir ein Rätsel, aber eigentlich wurscht. Bis ich vorne war, dauerte es sowieso 5 Minuten. Die Muskeln waren noch nicht ganz locker, wie ich schon bei der Anreise bemerkt hatte. Ich hatte auch keine Lust, allzu schnell zu laufen (ich pendelte mich automatisch bei ca. 165 Pulsschlägen pro Minute ein, was für meine Marathonverhältnisse sehr niedrig ist; geplant hatte ich 170, liegt meine anaerobe Schwelle doch bei 174), daher beschloss ich, einmal zu probieren, was passiert, wenn man einen Marathon langsam angeht. Sollte es vielleicht tatsächlich so sein, dass man dann nicht eingeht und stattdessen ein gleichmäßiges Rennen laufen kann?

Dritter km, ich muss dringend pinkeln gehen. Wie gibt es das? Ich war doch eh vor dem Start zwei Mal. Naja, was sein muss, muss sein, Zeitverlust: 23 sec. Der ersten Pinkelpause, die ich jemals bei einem Marathon eingelegt hatte, folgten noch drei weitere bei km 11, 25 und 35! Hatte ich am Sa zu viel getrunken? Den ersten HM absolvierte ich relativ problemlos und völlig unspektakulär in 2:06:22, was ziemlich genau 6:00 min/km waren. Das absolute Highlight war der erste Durchlauf durch das Zielgelände: Zahlreiche Zuschauer, laute Musik, super Stimmung. Es stellt sich nur die Frage: GIBT ES IN ÖSTERREICH KEINE LIEDER, DIE NICHT VON DJ ÖTZI GESUNGEN WERDEN? Zwei Mal Anton aus Tirol und ein Mal Hey, Baby können den stärksten Mann zum weinen bringen. Na zum Glück bin ich nicht der Stärkste.

Ärgerlich war an diesem Tag, dass die km-Tafeln scheinbar nach Gutdünken aufgestellt worden waren. Wie sonst kann es sein, dass einem km in 4:54 einer in 7:30 und einer in 6:00 folgen?

Diese 6:00-Kilometerzeiten hielt ich noch bis km 24 (bei einem Durschschnittspuls für die ersten 24 km von 164 bis 165). Ab jetzt musste ich die Verpflegungsstellen intensiver nutzen, da schön langsam ein Hungergefühl aufkam, außerdem brachte mich die vorhin erwähnte Pause etwas aus dem Rhythmus. Die nächsten 5 km hielt ich die Pulswerte konstant auf 164, die Zeiten pendelten sich allerdings bei 6:15 ein. Jetzt war ich wirklich müde (speziell die Oberschenkel, wie immer), der Puls sank für die nächsten 8 km auf 161 (2 km in 6:30, 3 in 6:45 und dann 3 über 7:00, schlechtestens 7:19, wobei so genaue Angaben mit Vorsicht zu betrachten sind, da die Tafeln eben irgendwo in der Gegend herumstanden).

Jetzt lag der Prater hinter mir. Ich laufe zwar gerne dort, es ist aber wirklich schwer, sich zu einem hohen Tempo zu motivieren. Ich rechnete kurz die restliche Distanz mit einem 7:00-Schnitt hoch und bemerkte zu meinem Entsetzen, dass ich auf dem besten Weg war, nicht einmal meine bisher schlechteste Zeit zu erreichen. Ich beschleunigte also merklich. Mir war zwar noch der grauenvolle 39. Kilometer aus dem Vorjahr (Bergabstück, dass damals meinen Oberschenkeln den Rest gegeben hatte) in schrecklicher Erinnerung. Aber es half nichts, ich musste schneller werden. Zu meiner Überraschung hielten meine Oberschenkel tatsächlich bis ins Ziel ganz gut durch, daher schaffte ich noch ganz gute Zeiten (38: 6:54, 39: 6:41, 40: 6:34, 41: 6:15, 42: 6:45; der letzte km ging nur bergauf). Der Puls bewegte sich jetzt in einem Bereich von ca. 168. Das heißt, ich habe meinen Anfangspuls bis ganz zum Schluss einigermaßen konstant halten können. Bisher war ich im Ziel bis zu 20 Schläge langsamer als unterwegs, weil ich einfach schon völlig leer war. Somit kann Frage zwei zu meiner eigenen Überraschung mit einem "Ja" beantwortet werden. Zwischen km 30 und 35 war ich mir zwar schon sicher, dass ich wieder so eingehen würde, auch die Zeiten waren in diesem Bereich ziemlich schlecht. Dafür konnte ich mich eben gegen Ende hin noch einmal steigern – und das trotz meines mangelhaften Trainings.

Außerdem ging es mir im Ziel und geht es mir auch jetzt (So Abend, 23 Uhr) so gut wie nie zuvor bei einem Marathon. Ich sollte zwar meinen Mund nicht allzu weit aufreißen, bevor ich den morgigen Montag überstanden habe, aber ich bin sehr optimistisch.

Schade finde ich, dass ein Marathon-Zieleinlauf nur beim ersten Mal wirklich euphorisch genossen werden kann. Bereits beim vierten Mal hat sich jetzt so etwas wie Routine eingestellt. Vielleicht kann ich mich ja im nächsten Jahr wieder mehr freuen, wenn ich endlich die 4-Stunden-Schallmauer gepackt habe.

Das führt mich jetzt auch noch zu der Beantwortung der anderen Frage vom Beginn: Nein, er kann nicht. Die Frage hätte ich mit einem "Ja" beantwortet, wenn ich neuen persönlichen Rekord gelaufen wäre, den habe ich allerdings um ca. 7 min versäumt. Andererseits: 47 h und 450 km weniger trainiert als 2001 (also nur etwas mehr als die Hälfte), aber nur um 7 min langsamer. Vielleicht hat es ja doch etwas gebracht. Auf alle Fälle rechtfertigt nichts (aber auch gar nichts) das Nicht-Besuchen eines Toten-Hosen-Konzerts.

Resümee:

  • Die Zeit ist gerade noch zufriedenstellend. Aber sogar wenn ich nur 5 Stunden geschafft hätte: Die Stimmung beim ersten Durchlaufen des Ziels und beim endgültigen Zieleinlauf ist dermaßen sensationell, dass man dafür schon einige Qualen auf sich nehmen kann.
  • Endlich einmal ein Marathon ohne Blasen. Scheinbar tatsächlich ohne einer einziger, daher musste ich das ganze Wasser auch gleich wieder abgeben und konnte nichts speichern.
  • Endlich einmal ein Marathon, nach dem ich mir die Schuhe ausziehen konnte, ohne einen Krampf zu bekommen.
  • Eine gelungene Woche: Wienfahrt mit dem Präsidenten, Konzert, Plattenbörse, Marathon. Sozusagen alles, was das Leben so zu bieten hat, in einer Woche. (Ich übertreibe!)

  Tom Gössl, 26.5.2002

(C) Paul Richter, Free Eagle Fun Racing Team gatschbiker@free-eagle.at
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